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Ölpest (tierschutz)

Mehr als 800 Nester und 70.000 Eier: Tierschützer am Golf von Mexiko wollen eine ganze Generation Meeresschildkröten vor dem sicheren Tod retten. Doch nie zuvor hat es eine Aktion dieser Größenordnung gegeben - und ob die Tiere überleben, ist dennoch ungewiss.

Pensacola Beach - Am Golf von Mexiko wird an vielen Fronten gekämpft. Während die Arbeiten der BP-Ingenieure am Ölleck derzeit von Hurrikan "Alex" behindert werden, bereiten sich Helfer an den Küsten auf ein anderes trauriges Szenario vor: Für viele Meeresschildkrötenarten, die vor den US-Küsten im Golf von Mexiko leben, fällt die Ölkatastrophe genau in die Periode der Eiablage.

"Eine ganze Generation könnte verenden", befürchtet Chuck Underwood vom U.S. Fish and Wildlife Service. "Wenn wir nichts dagegen unternehmen, könnten alle frisch geschlüpften Meeresschildkröten sterben." Deshalb hat die US-Behörde beschlossen, einzugreifen: In den nächsten Wochen, wenn die Muttertiere an die Strände und Inseln vor den Küsten schwimmen, um ihre Nester zu graben und dort ihre Eier abzulegen, wollen Helfer die Eier einsammeln, um sie so vor der schwarzen Flut zu bewahren.

 

Es ist ein verzweifelter Versuch - nie zuvor hat man eine derart große Aktion durchgeführt: Der Fish and Wildlife Service ruft Helfer dazu auf, etwa 70.000 Eier aus bis zu 800 Nestern in der gesamten Küstenregion des Florida Panhandle einzusammeln. Doch die Befürchtungen, dass die Eier und die frisch geschlüpften Schildkröten durch die Ölschmiere verenden werden, sind sehr groß. Und nicht nur das Öl selbst stellt für die Tiere eine ernste Bedrohung dar: Auch die Dispersions-Chemikalien, mit denen BP die Ölteppiche auflösen wollte, könnten für viele Tierarten - darunter auch die Meeresschildkröten - toxisch sein.

Helfer müssen die Nester mit bloßen Händen ausgraben

Und so sind derzeit Dutzende Helfer entlang der Küsten unterwegs, um gegrabene Schildkrötennester zu kennzeichnen. Anschließend, in einigen Tagen, werden sie sich an die beschwerliche Arbeit machen, die Nester - meist mit den bloßen Händen - freizulegen. Dabei müssen sie äußerst behutsam und sehr langsam vorgehen: Sie müssen nicht nur verhindern, dass die Eierschale bricht. Die Eier dürfen auch nicht erschüttert werden, denn die Embryos im Inneren sind sehr sensibel, eine Umlagerung könnte sie gefährden.

Anschließend legen die Helfer die Eier in speziell dafür konstruierte Behälter aus Styropor: kleine Container, die wie Kühlboxen aussehen und in die feuchter Sand hineinkommt, um den Eiern eine Nestumgebung zu bieten - so naturgetreu wie nur möglich. Und so werden die Eier an ihren neuen Bestimmungsort gebracht, der 800 Kilometer weiter östlich liegt: in eine temperatur-regulierte Lagerhalle am Kennedy Space Center in Florida. Dort bleiben die Eier, bis die Baby-Schildkröten zu schlüpfen beginnen. Dann transportieren die Helfer sie erneut, eine nach der anderen, an die Ostküste Floridas, wo sie weitab vom Öl in den Atlantik schwimmen können.

Sensible Schildkrötenembryos

Die Planung dieser ungewöhnlichen Hilfsaktion läuft auf Hochtouren, doch "es gibt noch eine ganze Reihe Unbekannte", sagt Underwood, der das Projekt koordiniert. Die Biologen befürchten mitunter, viele der Schildkrötenembryos könnten trotzdem verenden, weil sie durch den gesamten Prozess einem großen Stress ausgesetzt werden.

Dabei haben es die Meeresschildkröten, die sich in den Golf von Mexiko wagen, sowieso nicht leicht: Viele Arten, die ihr ganzes Leben in dieser Meeresregion verbringen, sind durch die Überfischung der Meere bereits stark bedroht. Atlantik-Bastardschildkröten - auf Englisch Kemp's ridley genannt - standen in den achtziger Jahren bereits kurz vorm Aussterben; nur noch 1000 Exemplare dieser Art waren damals noch am Leben. Die meisten von ihnen legen ihre Eier an den Stränden von Mexiko und Texas ab, doch oft wurden Gelege ausgeplündert, und viele Jungtiere verendeten in den Netzen der Fischer am Golf von Mexiko.

 

Inzwischen haben sich die Bestände wieder etwas erholt, und noch werden Atlantik-Bastardschildkröten nicht unmittelbar von der Ölkatastrophe bedroht, da sie fernab der ölverschmierten Küsten im westlichen Golf ihre Eier ablegen. Aber die Experten befürchten, dass viele der Jungtiere dennoch in die Ölschmiere gelangen könnten. Einige verölte oder verletzte Exemplare sind bereits gesichtet worden. Insgesamt sind nach Angaben des Sea Turtle Restauration Projects, das den Schutz der Meeresschildkröten am Golf von Mexiko koordiniert, mehr als 500 Tiere von der Ölkatastrophe betroffen, mehrere hundert bereits verendet.

Die Lage für die Tiere ist sehr bedrohlich, und auch wenn die Experten die Erfolgsaussichten des Schildkröteneier-Projekts nur vorsichtig ansetzen, haben sie kaum eine andere Wahl. Teri Shore vom Sea Turtle Project glaubt, dass der Plan unter den gegebenen Umständen gut sei. "Wenn diese Schildkröten in den Golf von Mexiko schwimmen, haben sie eine weitaus geringere Chance zu überleben." Eines wollen die Biologen jedenfalls nicht: Einfach zusehen, wie eine ganze Jungtier-Generation in ihr tödliches Schicksal rennt.

cib/AP

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